Die kunstvolle Verwendung von Kohlefaser bei Bugatti
Molsheim
Das wichtigste Material in einem Bugatti ist Kohlefaser. Es wird nicht nur im Monocoque verwendet, sondern auch die Karosserie ist aus diesem modernen, leichten und unglaublich starken Material geformt. Ohne seine erstklassigen Eigenschaften könnte ein Hypersportwagen von Bugatti nicht die unvergleichliche Leistung bieten, die ihn auszeichnet. Aber in einem Bugatti ist Kohlefaser nicht nur funktional – sie ist auch wunderschön.
Schon seit dem EB110, einem der ersten Serienfahrzeuge der Welt, das mit einem Kohlefaser-Monocoque ausgestattet war, ist dieses Material ein zentraler Bestandteil der “Form Follows Performance”-Designphilosophie von Bugatti. Beim Veyron Pur Sang im Jahr 2007 kam die natürliche Schönheit der Fasern zum ersten Mal sichtbar zur Geltung, als sie bei dieser Sonderedition mit einem klaren Lack überzogen wurden, um die atemberaubenden Materialien in Szene zu setzen, die einen Bugatti-Hypersportwagen ausmachen. Heute bietet Bugatti seinen Kunden neun verschiedene Tönungen und verschiedene Ausbaustufen von sichtbarem Carbon an – aber der Prozess der Herstellung eines Materials, das sowohl schön als auch stark ist, ist ein aufwändiges und komplexes Unterfangen.
Karosserieteile aus Kohlefaser bestehen aus Lagen von sich überlappenden, gewebten und extrem dünnen Fasern, die etwa ein Zehntel so breit sind wie ein menschliches Haar. Die Anordnung dieser Fasern ist jedoch von entscheidender Bedeutung für die Belastbarkeit der Paneele, die in der Richtung, in die die Fasern zeigen, am stabilsten sind. Und obwohl das Ausrichten der Fasern schwierig und zeitaufwändig sein mag, sprechen die Vorteile für sich: Karosserieteile aus Kohlefaser wiegen 20-30% weniger als ein entsprechendes Element aus Aluminium oder sogar 50% weniger als Stahl, sie sind aber gleichzeitig sehr belastbar.
So wie Bugatti es 2007 mit dem Veyron Pur Sang vorgeführt hat, bietet die Marke aus Molsheim seinen Kunden heute eine breite Palette von neun sichtbaren, getönten Kohlefaserfarben für die Karosserie an, bei denen das Fasergewebe deutlich zum Vorschein kommt - bedeckt nur mit transparentem Lack, der ebenfalls in einer von neun verschiedenen Ausführungen gefärbt werden kann. Der Prozess der Herstellung dieses Finishs dauert jedoch Monate und erfordert das Können erfahrener Spezialisten, die sowohl die visuelle als auch die strukturelle Bedeutung von Carbonfasern verstehen.
Die Herstellung des größten Teils – ein etwa 2 Meter langes Seitenpaneel – dauert fast eine Woche. Dazu werden die Rohmaterialien in eine Form gelegt und dann in einem Autoklaven bei 120°C (248°F) unter hohem Druck etwa zwei Stunden lang “gebacken”.
Für diese Elemente haben die Ingenieure von Bugatti gemeinsam mit Werkstoffexperten genau festgelegt, in welche Richtung die Carbonfasern verlaufen sollen, um dem Fahrzeug die notwendige Steifigkeit zu verleihen. Für die Kunden, die sich für eine sichtbare Carbonfaserverkleidung entscheiden, ist es das Designteam, das die Richtung der Fasern in der obersten Schicht bestimmt. Der Wunsch dabei ist es, ein fließendes Muster über die gesamte Oberfläche des Fahrzeugs zu schaffen, das die Linienführung optisch verstärkt und gleichzeitig perfekt aneinander anschließt.
Das Designteam ist darauf bedacht, dass die Carbonfasern in einem Winkel von 45° ausgerichtet sind, mit einem perfekten Fischgrätenmuster in der Mitte. Schon bei einer minimalen Abweichung von mehr als 1 oder 2° muss das Bauteil von Grund auf neu angefertigt werden. Auch wenn Fasern nicht mehr in der richtigen Position liegen, ausfransen oder Unebenheiten oder Kratzer im Material auftreten, muss das Element neu angefertigt werden. Die Werkstoffexperten und das Designteam stellen gewissenhaft sicher, dass jeder einzelne Millimeter der Oberfläche frei von Fehlern ist.
Aber selbst nachdem diese Paneele die höchsten Standards von Bugatti erreicht haben, müssen sie als Teil eines der komplexesten Puzzles der Welt in perfekter Harmonie zusammengefügt werden. Das Verfahren zur perfekten Ausrichtung des Carbongewebes – bei gleichzeitiger Gewährleistung eines optimalen Spaltmaßes zwischen allen Teilen und Komponenten – ist akribisch, zeitaufwändig und sehr detailbetont. Aber es ist ein Prozess, den Bugatti über viele Jahre hinweg verfeinert hat, um sicherzustellen, dass jedes einzelne Fahrzeug, das das Atelier in Molsheim verlässt, makellos ist.
Sobald das Puzzle vollendet ist, erhalten die Paneele ihr Finish. Lackspezialisten tragen auf die einzelnen Elemente einen Klarlack auf, der geschliffen und poliert wird, bevor er erneut aufgetragen wird, um einen satten Glanz zu erzeugen, der das Geflecht besonders betont. Wenn der Kunde es wünscht, kann in der nächsten Schicht eine dezente Tönung aufgebracht werden, um dem Geflecht eine Farbe zu geben, die dafür sorgt, dass die Schönheit der Kohlefaser stets sichtbar ist. Anschließend werden je nach Ausführung bis zu drei weitere Schichten Klarlack von Hand aufgetragen und final poliert, um das Meisterwerk zu vollenden.